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Letzten Monat habe ich endlich mein bisher mit Abstand größtes Webdesign-Projekt abgeschlossen. Seit zweieinhalb Jahren betreiben Masha und ich unser eigenes Fotostudio, das sich auf Produktfotografie spezialisiert hat. Produktaufnahmen sind jedoch nicht unser einziges Hobby. Eine unserer größten Leidenschaften ist das Fotografieren abstrakter Blumenkompositionen. Diese Aufnahmen dienen keinem kommerziellen Zweck und dienen ausschließlich der ästhetischen Erkundung und Übung. Dennoch sind wir überzeugt, dass diese Arbeit nicht nur für uns, sondern auch für ein breiteres Publikum, das einzigartige visuelle Akzente für sein Zuhause sucht, wertvoll ist.

Als selbstständiger Fotograf bin ich überzeugt, dass die Erfahrungen, die ich in den letzten Monaten beim Aufbau dieses Shops gesammelt habe, für andere Unternehmer wertvoll sein könnten, insbesondere für diejenigen, die den Einstieg in die Welt des E-Commerce erwägen. Die Erstellung eines Online-Shops ist ein komplexes Unterfangen, das auf viele verschiedene Arten angegangen werden kann. In diesem Artikel teile ich meine persönlichen Erfahrungen und die Entscheidungen, die wir getroffen haben.
Unsere Ziele
Heutzutage ist es durchaus möglich, innerhalb weniger Tage oder Wochen einen voll funktionsfähigen und sicheren Online-Shop zu erstellen, oft ohne umfangreiche technische Kenntnisse, indem man eine der vielen verfügbaren, sofort einsatzbereiten Plattformen nutzt. Dieser Weg bringt jedoch erwartungsgemäß Kompromisse bei Designflexibilität, Leistung und Funktionalität mit sich. Dennoch ist es für Künstler oft die einfachste Lösung. In vielen Fällen ist es sinnvoller, sich auf das eigene Kerngeschäft zu konzentrieren, als viel Zeit mit technischen Details außerhalb des eigenen Kerngeschäfts zu verbringen.
In unserem Fall gab es jedoch mehrere wichtige Aspekte, bei denen wir keine Kompromisse eingehen wollten. Dazu gehörten:
- Ein äußerst benutzerzentriertes Erlebnis.
- Eine raffinierte Ästhetik, die auf unsere Kunst abgestimmt ist.
- Vollständige Lokalisierung für mehrere internationale Märkte.
- Tiefgründiges Storytelling rund um unsere Arbeit und Kunst im Allgemeinen.
- Der Verkauf von Kunstdrucken ist ein Nischenbereich im E-Commerce, weshalb hochwertige und passende Vorlagen rar sind. Erschwerend kommt hinzu, dass jedes Kunstangebot einzigartig ist und oft eine individuelle Präsentation erfordert. Dies führte uns letztendlich zu dem Schluss, dass der Aufbau eines eigenen, speziell auf unsere Bedürfnisse zugeschnittenen Online-Shops der einzige Weg war.
Was zum Bau benötigt wurde
Lassen Sie uns die wesentlichen Komponenten für den Aufbau Ihres Wunschshops genauer analysieren. Ich werde sie nach den erforderlichen Fähigkeiten, dem Zeitaufwand für die verschiedenen Phasen und den finanziellen Investitionen kategorisieren. Am Ende dieses Abschnitts haben Sie einen klaren Überblick über die erforderlichen Ressourcen und Fähigkeiten. Auch wenn Sie nicht vorhaben, alles selbst zu erledigen, können die hier geteilten Erfahrungen einen nützlichen Überblick für Ihre eigene Planung bieten.
Grundlegende Fähigkeiten
Zunächst liste ich die erforderlichen Schlüsselkompetenzen auf und bewerte ihre Wichtigkeit auf einer Skala von eins (⭐) bis fünf (⭐⭐⭐⭐⭐). Ein einfaches „⭐“ bedeutet, dass Grundkenntnisse ausreichend sind, während „⭐⭐⭐⭐⭐“ bedeutet, dass die Kompetenz für den erfolgreichen Abschluss des Projekts absolut entscheidend war.
Gestaltung ⭐⭐⭐⭐⭐
Obwohl ich mich nicht primär als Grafikdesigner sehe, ist Ästhetik für meine Arbeit als Fotograf von grundlegender Bedeutung. Daher konnte ich nichts veröffentlichen, das nicht dem gleichen visuellen Anspruch wie das Kunstwerk selbst entsprach. Ich halte ein individuelles, raffiniertes Design in unserer Branche für unerlässlich. Während des Shop-Aufbaus habe ich viel Zeit in die Entwicklung des Prototyps investiert. Dafür habe ich Sketch verwendet, eine Offline- und Mac-basierte Alternative zum beliebten webbasierten Figma. Als native Mac-App bietet Sketch hervorragende Leistung und steigert die Produktivität.

Codierung ⭐⭐⭐⭐
Heutzutage gibt es zahlreiche No-Code-Tools. Diese generieren in der Regel Code basierend auf gängigen Mustern, der den Bedürfnissen der meisten Benutzer gerecht wird. Die Herausforderung entsteht, wenn diese Muster nicht perfekt zu Ihren spezifischen Anforderungen passen. Sie können beim Versuch, die Einschränkungen der Plattform zu überwinden, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen, stecken bleiben. Die Plattform, die anfangs Zeit- und Ressourceneinsparungen verspricht, verbraucht am Ende mehr von beidem und liefert oft mittelmäßige Ergebnisse. Ein „gut genug“ mag zwar ausreichen, führt aber selten zu einer perfekten, maßgeschneiderten Lösung. Zudem verursachen die meisten No-Code-Tools erheblichen Mehraufwand, der die Leistung beeinträchtigen kann, insbesondere bei Projekten, die komplexer sind als eine einfache Website im Broschürenstil.
Andererseits wäre es für die meisten Unternehmer übertrieben, einen Online-Shop komplett von Grund auf neu zu programmieren. Sie planen wahrscheinlich nicht, nur für einen einzigen Shop Full-Stack-Softwareentwickler zu werden, und Sie möchten auch nicht in den nächsten zehn Jahren unzählige Stunden mit der Pflege von benutzerdefiniertem Code verbringen.

Deshalb haben wir uns für den Mittelweg entschieden. Wir haben uns für WordPress (unser Content-Management-System – CMS) und WooCommerce (unsere E-Commerce-Plattform) als Grundlage entschieden. Unsere gesparte Zeit und Energie haben wir dann in ein komplett individuelles Design und eine darauf aufbauende Benutzererfahrung investiert. So nutzen wir einen bewährten, sicheren und relativ einfach zu wartenden Tool-Stack. Obwohl WordPress potenzielle Leistungsdefizite aufweist, lassen sich diese oft durch hochwertiges Hosting ausgleichen. Vor diesem Hintergrund waren dies die wichtigsten Programmierkenntnisse:
- CSS: ⭐⭐⭐⭐ (Unabdingbar für die Umsetzung des individuellen Designs)
- JavaScript (JS): ⭐⭐⭐ (Für interaktive Elemente und ein verbessertes Benutzererlebnis)
- PHP: ⭐⭐ (Für kleinere Anpassungen innerhalb von WordPress/Themes)
- ChatGPT/KI-Unterstützung: ⭐⭐⭐ (KI ersetzt zwar noch keine Programmierkenntnisse, hat sich aber beim Generieren von Snippets, Debuggen und Erklären von Konzepten als äußerst hilfreich erwiesen. Am effektivsten ist sie, wenn Sie die Grundlagen der jeweiligen Programmiersprachen verstehen.)
Inhaltserstellung ⭐⭐⭐⭐⭐
Wir alle kennen das Sprichwort: „Inhalt ist König.“ Da es sich um eine Online-Kunstgalerie handelt, ist es nicht verwunderlich, dass das Projekt sehr bildlastig ist. Ich spreche nicht nur von den Fotos, die als Produkte verkauft werden (ihre künstlerische Gestaltung zu diskutieren, würde den Rahmen dieses Artikels sprengen), sondern auch von allen unterstützenden Bildern. Jedes Kunstwerk benötigt mindestens sieben verschiedene Produktbilder, darunter verschiedene Variationen und In-situ-Aufnahmen, die das ausgestellte Kunstwerk zeigen. Zusätzlich gibt es zahlreiche Bilder, die den Entstehungsprozess dokumentieren, sodass sich die Gesamtzahl der Bilder pro Produkt auf potenziell 15-20 erhöht. All diese Bilder werden benötigt, um Produktseiten dynamisch zu füllen und eine fesselnde Geschichte zu erzählen. Insgesamt war die Fähigkeit, qualitativ hochwertige Bilder zu erstellen, einen konsistenten visuellen Styleguide zu entwickeln und diese effektiv zu bearbeiten (z. B. in Photoshop), von entscheidender Bedeutung.
Zusätzlich zu den Bildern gibt es für jedes Produkt vier Kerntexte: kurze und lange Beschreibungen sowie Erzählungen, die den kreativen Prozess hinter jedem Werk detailliert beschreiben. Das Ergebnis waren über 100 einzigartige Texte für die gesamte Website. Ehrlich gesagt war das Schreiben all dieser Texte deutlich zeitaufwändiger als das Erstellen der Produktfotos. Ich glaube nicht, dass ChatGPT überzeugende, differenzierte Kunstbeschreibungen schon ganz alleine schreiben kann, aber es war eine enorme Hilfe beim Korrigieren und Verfeinern der Texte, insbesondere da ich keine der vom Shop unterstützten Sprachen als Muttersprachler besitze. Apropos: Alle ursprünglich auf Englisch verfassten Inhalte wurden später ins Deutsche übersetzt. Während die KI den Großteil der Übersetzung übernahm, waren manuelle Überprüfungen und Korrekturen entscheidend, um hochwertige, differenzierte Inhalte zu gewährleisten.

Zeitaufwand
Ich habe nicht Vollzeit an diesem Projekt gearbeitet, da ich weiterhin meiner regulären Fotoarbeit nachging. Insgesamt dauerte das Projekt vom ersten Prototyp bis zur Veröffentlichung fast drei Monate. Bei Vollzeitarbeit hätte es meiner Schätzung nach mindestens 1,5 bis 2 Monate gedauert.
Hier ist eine grobe Aufschlüsselung:
- Konzeptentwicklung und Design (Skizze): ~2-3 Wochen
- Shop-Erstellung (WordPress, SureCart, benutzerdefiniertes Design): ~3 Wochen
- Inhaltserstellung (Text und Bilder): ~4+ Wochen (Dies war die zeitaufwändigste Phase)
- Letzte Änderungen, Optimierung und Fehlerbehebung: ~2–3 Wochen (Diese Phase dauerte bei mir aufgrund dazwischenliegender Kundenprojekte etwas länger).
Finanzinvestitionen
Theoretisch ist es möglich, einen Onlineshop ohne Vorabinvestitionen zu erstellen, aber der Zeitaufwand ist deutlich höher. Tools und Services bieten in der Regel Komfort, Zeitersparnis oder den Ausgleich fehlender Kenntnisse. Das ist völlig verständlich – es geht lediglich darum, Ressourcen effizient einzusetzen. Hätten wir das Budget gehabt, eine Agentur oder einen Freelancer mit dem Aufbau des Shops von Grund auf zu beauftragen, wäre das eine durchaus sinnvolle und langfristig potenziell wertvollere Option gewesen, da wir so Zeit für die Content-Erstellung hätten. Diese Option kann jedoch erheblich teurer sein. Daher werde ich die Kosten unseres „Mittelwegs“ detailliert erläutern.
Hier ist eine Aufschlüsselung:
Hosting: Wir nutzen derzeit Shared Hosting bei einem Anbieter (All-Inkl.) mit hervorragendem Preis-Leistungs-Verhältnis in Deutschland. Wir zahlen nur 10 €/Monat für das Hosting einer unbegrenzten Anzahl von Websites inklusive 10 Domainnamen – ein Paket, bei dem die Domains die Kosten effektiv decken. Daher sind die Hosting-Kosten für dieses einzelne Projekt vernachlässigbar. Sollte die Leistung zum Engpass werden, wäre der nächste Schritt ein Upgrade auf einen Virtual Private Server (VPS), der voraussichtlich etwa 10–20 €/Monat kosten würde.
Plattform & Plugins: WordPress (unser CMS) und WooCommerce (unsere E-Commerce-Lösung) sind grundsätzlich kostenlos. Wir nutzen jedoch mehrere kostenpflichtige Plugins und Dienste für bestimmte Funktionen. Dabei handelt es sich hauptsächlich um einmalige Käufe (Lifetime-Deals), sodass die laufenden Softwarekosten minimal sind:
Bricks Builder (Theme/Page Builder): 250 € (Lebenslange Lizenz, zuvor für ein anderes Projekt gekauft)
Acumbamail (Newsletter-Service): 160 € (Lebenslanges Angebot)
VividBackups Pro (Backup-Lösung): 160 € (Lebenslanges Angebot – ausgewählt für spezifische DSGVO-Konformitätsanforderungen)
AnalyticsWP (datenschutzorientierte Analyse): 170 € (Lebenslanges Angebot)
Gesamte Softwareinvestition: ca. 940 € (einmalige Kosten)
Hinweis: Es ist wichtig zu erwähnen, dass wir diese Lizenzen auf mehreren Websites (derzeit sechs) verwenden, wodurch sich ihr Kosten-Nutzen-Verhältnis pro Site erheblich verbessert.
Schriftarten: Ich liebe Schriftarten; sie sind ein wesentlicher Bestandteil meines Designprozesses, und ich bin bereit, in sie zu investieren, sowohl finanziell als auch im Hinblick auf die potenziellen (wenn auch minimalen) Leistungseinbußen. Meine bevorzugte Typografie-Gießerei, deren Arbeit ich sehr bewundere, ist Atipo Foundry (https://www.atipofoundry.com/). Für dieses Projekt habe ich ausschließlich deren Schriftarten verwendet. Die einmaligen Kosten für die drei verwendeten Schriftfamilien betrugen etwa 50–60 €. Angesichts ihrer Qualität ist das ein hervorragendes Preis-Leistungs-Verhältnis. Diese Schriftarten erhöhen die Frontend-Last der Website um etwa 30 KB – ein geringer Preis für die visuelle Verfeinerung, die sie bieten.

Modelle: Als Fotograf habe ich naturgemäß hohe Ansprüche an meine Bildqualität. Gleichzeitig brauchte ich eine kostengünstige Lösung für die Produktpräsentation. Hochwertige Mockups vor Ort für über 30 Kunstwerke, darunter zahlreiche Varianten, zu fotografieren, wäre enorm zeit- und kostenintensiv gewesen und hätte die Markteinführung wahrscheinlich um Monate verzögert. Das liegt zum Teil daran, dass mir die Vielfalt an hochwertigen Innenräumen, die für überzeugende Aufnahmen erforderlich sind, fehlt. Die Suche nach hochwertigen, fotobasierten Mockups erwies sich als überraschend schwierig. Ich wollte ausdrücklich 3D-Renderings und KI-generierte Bilder vermeiden. Sobald das Auge geschult ist, fehlt selbst hochwertigen 3D-Renderings oft der subtile Realismus der Fotografie; sie wirken oft steril und lassen die lebensechten Details realer Umgebungen vermissen. Diese Entscheidung schloss die überwiegende Mehrheit (vielleicht >75%) der online verfügbaren Mockups aus. Glücklicherweise fand ich zwei ausgezeichnete Studios, die diesen Bedarf deckten:
Für Ambient-/Lifestyle-Aufnahmen: Moyo Studio (http://moyo-studio.com)
Für Nahaufnahmen und Variantendarstellungen: Creatsy (https://creatsy.com/)
Die Gesamtinvestition in Modelle betrug etwa 150–200 €.

Letzte Worte
Einige Monate nach dem Start ist das Projekt abgeschlossen, und ich bin sehr stolz auf das Ergebnis. Für mich war es eine neue, aufregende und bereichernde Erfahrung. Allerdings muss ich zugeben, dass ich den Gesamtaufwand bis zum Ziel unterschätzt habe.
Für viele Unternehmer ist die Nutzung einer etablierten Plattform wie Shopify mit einer hochwertigen Vorlage und die Nutzung der eingesparten Entwicklungszeit für die Erstellung von Inhalten möglicherweise effizienter. In unserem Fall war uns eine individuelle Benutzererfahrung, die auf unsere spezifische Vision abgestimmt ist, von größter Bedeutung, auch im Online-Shop selbst.
Darüber hinaus spielten praktische Überlegungen eine Rolle. Unser Studio lässt sich im deutschen Winter nur schwer und teuer ausreichend heizen, was unsere Fotoarbeit in diesen Monaten einschränkt. Daher erschien es uns als sinnvolle Nutzung unserer Ressourcen, in der kälteren, fotografiearmen Jahreszeit Zeit in den Aufbau eines hochwertigen Onlineshops zu investieren.